13
Kampf gegen die Inflation: Der Niedrigzins war eine Ausnahme mit gefährlichen Folgen
(www.tagesspiegel.de)
Diese Community wird zum 01.07 auf read-only gestellt. Durch die anhäufenden IT-Probleme und der fehlende Support wechseln wir als Community auf www.feddit.org/c/dach - Ihr seid herzlich eingeladen auch dort weiter zu diskutieren!
Das Sammelbecken auf feddit für alle Deutschsprechenden aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg und die zwei Belgier. Außerdem natürlich alle anderen deutschprechenden Länderteile der Welt.
Für länderspezifische Themen könnt ihr euch in folgenden Communities austauschen:
Eine ausführliche Sidebar findet ihr hier: Infothread: Regeln, Feedback & sonstige Infos
Auch hier gelten die Serverregeln von https://feddit.de !
Banner: SirSamuelVimes
Das Gegenteil ist der Fall: Dass Zinsen historisch immer tiefer fallen, ist seit der frühen Neuzeit bestens belegt. Fallende Zinsen sind quasi eine immanente Begleiterscheinung des Kapitalismus. Die Frage ist nur, ob sie sich langfristig der 0 asymptotisch annähern, auf 0 bleiben oder sogar weiter ins Negative fallen. Letzteres halte ich für weniger unwahrscheinlich, als es im ersten Moment aussehen mag: Da sich das Wachstum hochentwickelter Volkswirtschaften stetig verlangsamt, treten sie vielleicht irgendwann in eine Phase permanenter Rezession, der nur noch mit einer Veränderung des Wesens des Geldes an sich begegnet werden kann.
Ich nehme an, du redest vom Szenario, dass du ein Haus kaufen willst, um darin zu wohnen. Da ändert sich in der Tat nicht viel. Zeitpräferenz von Konsumgütern ist aber nur ein Teil der Geschichte. Wichtiger ist die Zeitpräferenz von Investitionsgütern. Sagen wir, du könntest dir in zehn Jahren das Geld zusammensparen, um ein Haus zu bauen, das du dann gewinnbringend vermieten kannst. Wenn du aber das Haus jetzt schon bauen könntest, würdest du in den nächsten zehn Jahren genug Mieteinnahmen haben, um dann bereits ein zweites Haus bauen zu können.
Die Zeitpräferenz, Investitionen möglichst schnell tätigen zu können, um möglichst früh Geld damit zu verdienen, hängt aber damit zusammen, wie viel Geld es mit dieser Investition zu verdienen gibt. Es mag angesichts der momentanen Lage am Wohnungsmarkt absurd wirken, aber wenn in 20-30 Jahren die Boomer wegsterben und es keine massive Einwanderung gibt, wird sich der Bau neuer Wohnungen vielleicht schlicht nicht mehr lohnen, weil dann selbst in den Großstädten genug Wohnungen leerstehen, deren Eigentümer verzweifelt einen Mieter suchen. Und entsprechend wird auch niemand bereit sein, Zinsen auf einen Kredit für eine derartige Investition zu zahlen.
Geld, wie wir es heute kennen, existiert nur dank Zentralbanken. Ohne Zentralbanken hast du keine Negativzinsen; du hast nur eine Truhe voller Goldmünzen, die zwar nicht physisch weniger werden, aber immer weniger wert sind, weil die schrumpfende Wirtschaft immer weniger Güter produziert, die du dafür kaufen könntest.
In einer schrumpfenden Wirtschaft nicht mehr unbedingt.
Wahrscheinlich nicht, weil das Kreditgeschäft bei negativen Zinsen eben unrentabel wird. Ändert nichts daran, dass der theoretische Marktzins für die Kredite, die dannzumal gar nicht mehr vergeben werden werden, negativ ist.
Eine langfristig stabile oder gar schrumpfende Wirtschaft ist in der Geschichte des modernen Finanzwesens auch bisher noch nicht aufgetaucht; der "Naturzustand", unter dem sich das heutige Bankensystem entwickelt hat, war exponentielles Wachstum, das gelegentlich durch katastrophische Ereignisse (Krieg, Wirtschaftskrise) ein wenig zurückgesetzt wurde.
Ja gut, das war Polemik; du hast natürlich neben den Goldmünzen auch noch Sparbücher und private Banknoten von Banken, die längst untergegangen sind, weil - siehe oben - das Kreditgeschäft unrentabel geworden ist. Kannst damit die Wand tapezieren.
Ich denke, der Nutzen von Negativzinsen (zwischen Geschäftsbanken und Zentralbank) ist, den Geschäftsbanken Kredite mit niedrigem, aber positivem Zins zu ermöglichen, wo der Zins das Ausfallrisiko nicht abdeckt. Negativzinsen im Geschäftsverkehr wird es nicht geben.
Wirtschaftliche Produktion ist Anzahl der Arbeiter mal Produktivität. Erstere wird in ein paar Jahrzehnten weltweit stagnieren und dann sinken, falls nicht alle Prognosen für die Weltbevölkerung völlig falsch liegen; im Westen wahrscheinlich schon früher, wenn nicht die Einwanderung massiv hochgefahren wird. Letztere kann zwar durch technischen Fortschritt weiter erhöht werden, aber die massive Produktivitätssteigerung des 19. und 20. Jahrhunderts, als man Muskelkraft von Mensch und Tier in allen Lebensbereichen durch die Kraft von Elektrizität und Verbrennungsmotoren ersetzt hat, wird sich im 21. Jahrhundert wahrscheinlich nicht wiederholen lassen. Ich lasse mich aber gern positiv überraschen.